Peregrini

Arnstein

e.V.

Die Arnsteiner Honigkuchen
(Aus Akten des Weilburger Kabinetts im Staatsarchiv zu Wiesbaden)
Plakette Klösterlicher Honigkuchen

Bei der Aufhebung der Klöster im Jahre 1803 mussten die Reichsnachfolger, die weltlichen Landesherren, manche Verpflichtungen dieser Institute übernehmen, die uns heute etwas lächerlich erscheinen mögen, die aber auch einen Blick in alte heimatliche Sitten tun lassen. So verdient folgende Angelegenheit, die zudem die hohe Politik beschäftigt hat, unsere Aufmerksamkeit. 


Es war bei den Arnsteiner Mönchen Brauch geworden, mehrmals im Jahr, besonders zu Neujahr verschiedene Herrschaften, Beamte und Privatpersonen, mit Honigkuchen zu beschenken. Das Honigkuchenessen war in früheren Zeiten eine viel weiter als heute verbreitete Festsitte. Als das Kloster dann aufgehoben wurde, sollte die Nassauische Regierung diese Sitte nach dem Wunsch der früher Beschenkten fortsetzen. U. a. wegen dieses Rechtsstreites ist diese merkwürdige Sitte überliefert:

Fünfmal im Jahreskreis mussten die Arnsteiner Honigkuchen gebacken und an bestimmte Empfänger ausgeliefert werden:
Zur Fastnacht, zum 6. Juni, dem Namenstag des Hl. Norbert (der Ordensgründer der Prämonstratenser), zum Nikolaustag, zu Weihnachten und zum Neujahrstag.

Die Beamten der Grafschaft Diez konnten für die Nassauisch-Oranische Regierung im Haag (Den Haag, Holland) einen dreizehnpfündigen Lebkuchen in Empfang nehmen. Genau war auch das Botengeld geregelt: Sie mussten dem Überbringer 24 Kreuzer schenken. Die Schaumburger Herrschaft erhielt einen Honigkuchen von neun Pfund, wofür der Obulus 20 Kreuzer betrug. Ferner bekam der Überbringer Essen und ein Maß Wein. Der Herrschaft in Biebrich stand ein zehnpfündiger Kuchen zu, den ließ sie durch ihre Kellerei in Scheuern einziehen. So erhielten die usingischen Beamten in Nassau und der Rentmeister in Scheuern, die oranischen Beamten, der Seelbacher Arzt und der Schultheis zu Seelbach ihr sorgsam abgestuftes Teil.

Die Arnsteiner Mönche selbst erhielten je einen vierpfündigen Kuchen als Geschenk, die Laienbrüder jedoch nur einen dreipfündigen. Allerdings erhielt der Bruder, der die Klosteruhr aufzog, einen Sechspfünder als Sonderration! Auch die Klosternäherin und die Klosterköchin – es gab schon damals solche weibliche Bedienstete – erhielten je einen dreipfündigen Lebkuchen.

Was war nun der Grund für diese süßen „Gefälligkeiten“ des Klosters, die mit ca. 3 Zentnern Honigkuchen, fünfmal pro Jahr gebacken, schon recht gewichtig gewesen sein mussten? Allein die Beschaffung von soviel Honig dürfte nicht unproblematisch gewesen sein...

Hinsichtlich der an die Landesherrschaften zu entrichtenden Honigkuchen gehen die Kuchenspenden auf Vergütungen für die Befreiung des Klosters vom St.Goarer Rheinzoll zurück.Dass auch der hessische Kommissar auf der Burg Reichenberg solche Kuchen erhielt, hat die gleiche Ursache. Die Mönche benötigten Zollfreiheit für den Transport von Rheinwein; schon damals genügten offenbar ihren eigenen Weinberge nicht mehr für ihren Bedarf. Ebenso waren sie von den nassauischen Lahnzöllen befreit; solche wurden in Dausenau und Diez erhoben.Dass Schaumburg unter den Empfängern ist, hat eine gleiche Bewandtnis: die Herrschaft besaß einen Lahnzoll zu Geilnau. In Ablösung desselben erhielt sie den Kuchentribut. Der Schultheis zu Seelbach erhielt als Herrschaftsbeamter seinen Teil als pars salarii (Teil seines Lohnes). Die Gaben an die anderen Personen waren, um bei der Kanzleisprache jener Zeit zu bleiben, ex mera rev(er)entia et liberalitate (aus reiner Höflichkeit und Gefälligkeit) gegeben worden.

Bei der Aufhebung des Klosters zu Arnstein fiel nun auch dieser schöne Brauch der Honigkuchenlieferung weg. Aber der Nassauische Rentmeister Schellenberg in Nassau wollte so schnell und widerspruchslos nicht auf seine traditionelle Gabe verzichten. Er reklamierte zornig seinen Honigkuchen beim Hoheitsnachfolger der Abtei, der Nassauischen Regierung.
Diese aber erklärte lapidar, dass außer ihm niemand reklamiert habe und dass die Honigkuchen nur aus „gutem Willen“ ohne jede Verpflichtung gewährt worden seien. Damit aber war der Rentmeister ganz und gar nicht zufrieden. Er bestand auf seinen Honigkuchen.

Und nun erhob sich wegen der Arnsteiner Lebkuchen ein Streit zwischen den glücklichen Erben der Abtei. Weder Usingen noch Weilburg wollten von solcher Sache etwas wissen; jeder berief sich darauf, dass man die Herkunft dieser Sitte nicht mehr feststellen könne und demzufolge auch nicht zuständig sei...

(Karl Haxel, Ortschronik von Obernhof)


Es sei - trotz der Geringfügigkeit der Sache - gestattet, die Frage aufzuklären:

Bei der Teilung der Nassau-Saarbrückischen Anteile sind in dem Teilungsvertrag auch die Abgaben der Klöster Arnstein und Schönau an die Saarbrückische Landesherrschaft erwähnt. Zwei Jahre nach dem Vertrag wurde vom 18. Juli 1781 ein Vergleich wegen der Honigkuchen vereinbart. Sie sollten, soweit sie aus Arnstein stammten, Nassau-Usingen zufallen, obwohl das Amt Miehlen an die Weilburger Linie gekommen war. Somit hatte jene ein verbrieftes Recht auf die Abgabe. Nassau-Weilburg erkannte es nach weiteren Verhandlungen denn auch schließlich, ohne dass der eigentliche rechtliche Grund jemals klar gestellt worden wäre, an, und Nassau-Usingen erhielt durch den Pfarrer zu Arnstein als Amtsnachfolger der Mönche seinen Honigkuchen - bis mit der Weilburger Gesamtherrschaft auch dieser köstliche Streit der Kleinstaaterei zwangsläufig fortfiel.

Die Tradition mit Honig und Gewürzen zu backen geht bis in die Antike zurück. Schon die alten Griechen kannten Honigkuchen. In Aufzeichnungen des Klosters Tegernsee aus dem 11. Jahrhundert werden "Pfefferkuchen" erwähnt. "Pfeffer" bezog sich hier auf Gewürze allgemein. "Lebzelter" oder "Lebküchner" - auf Lebkuchen spezialisierte Bäcker - werden erstmals im 12. Jahrhundert erwähnt, der erste Nürnberger Lebküchner in einem Rechnungsbuch aus dem Jahr 1395. Auch die Oblatenlebkuchen wurden wohl in Nürnberg "erfunden".
  
Im 15. und frühen 16. Jahrhundert erlebt Nürnberg eine wirtschaftliche Blütezeit da es am Kreuzungspunkt mehrerer europäischer Handelswege lag. Exotische Käuter und Gewürze gelangten damals auf diesen Wegen in die Stadt. Die Nürnerger Imker – damals Zeidler genannt – besaßen Sonderrechte im Lorenzer Reichswald direkt vor den Toren der Stadt und gewannen dort den hochwertigen Honig. Gewürzkontolleure sorgten dafür, daß nur hochwertige Zutaten in die Backstuben gelangten. 

Der erste Teil des Wortes Lebkuchen geht möglicherweise auf mittellateinische Wort 'libum' (Fladen) zurück. Eine andere Theorie sieht seinen Ursprung im mittelhochdeutschen 'leip' zurück, das ungesäuertes Brot bezeichnete.

Einige Lebkuchenrezepte:
Lebkuchen-Rezept von Stefan Diefenbach
Honigkuchen-Rezept von Kloster Pulgarn
HONIGKUCHEN I 
HONIGKUCHEN II
HONIGKUCHEN III - Schüttelteig 
Waldemars Rezept
Lebkuchenrezept aus dem 16. Jahrhundert
Lausitzer Honigkuchen, Rezept aus 1691
Früchtelebkuchen
Schweizer Rezept
Kletzenbrot




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